zum Programm 2003/04





Warum das Thema „Raum“?

Im zweiten Programm des Architektursalons für den Zeitraum Oktober 2003 bis Juli 2004 wollen wir das Thema „Raum “in den Mittelpunkt stellen. Bereits im letzten Herbst war dieses Thema in einzelnen Beiträgen präsent, insbesondere in dem Text und Vortrag von Detlev Ipsen im Architektursalon. Sylvia Stöbe hat ihr Seminar in diesem Sommer an der Uni Kassel, das sich mit den Thesen von Michel Foucault beschäftigte (vgl. sein Essay „Andere Räume“), ebenfalls unter dieses Thema gestellt.

Das Thema „Raum“ hat derzeit große Aktualität. Peter Sloterdijk wird im Herbst sein neuestes Opus, das sich diesem Thema widmet, herausbringen. Sein Buch „Sphären“ soll eine umfassende Philosophie des Raumes vorlegen. Michel Foucault hat gesagt, dass die Unruhe unserer Zeit grundsätzlich den Raum betreffe. Vielleicht leben wir ja derzeit in einer Epoche des Raumes. Viele Konflikte haben zumindest die Verteilung und die Nutzung von Raum zum Thema. Warum das neue Interesse? Es geht nicht darum, die Geschichte des Raumes im Sinne von Fortschritt und Rückschritt nachzuzeichnen, sondern darum, einen Standpunkt zu finden, der den Bedürfnissen und den Anforderungen unserer Zeit entspricht. Wir hoffen, dass die im Architektursalon geplanten Vorträge vielleicht in einzelnen Punkten zu einer Klärung führen können.

Das Programm beginnt in einem ersten Teil mit dem Denken über Raum, geht dann weiter zum Verhältnis von Gesellschaft und Raum, um bei den Fragen der gesellschaftlichen Auflösung sowie der Schrumpfung zu enden. Der zweite Teil behandelt den Zusammenhang von Raum und Verhalten und bietet zum Schluss eine Reihe von konkreten Beispielen. Die angesprochenen Fragen werden sowohl aus der Perspektive von Stadtplanern wie von Soziologen, aber auch aus der Perspektive der Biometeorologie, oder der Psychologie und schließlich natürlich auch aus der Perspektive von Architekten betrachtet. Ein interdisziplinäres Programm also.

Um welche konkreten Fragestellungen geht es im Programm?

Der erste Vortrag im neuen Programm beschäftigt sich mit dem Thema „Raum und Erinnerung“. Gerhard Panzer (derzeit Dresden) hat sich neben anderem dieser Verbindung von Erinnerung und Raum angenommen. Dieser Bezug interessiert uns; wir wollen in seinem Vortrag die Art und Weise sowie die genauen Bedingungen und Auswirkungen dieser Verbindung näher kennen lernen.

Wesentlich beim Thema „Raum“ ist seine Beziehung zur Macht; dazu hat bekanntlich Michel Foucault Grundsätzliches ausgeführt. Über „Macht und Raum“ wird Martin Ludwig Hofmann (Freiburg) berichten. Er hat sich in vorhergehenden Arbeiten mit dem Zusammenhang von Architektur und Disziplin im Sinne von Foucault beschäftigt und dürfte einen für unsere Diskussion im Architektursalon wichtigen Beitrag liefern.

Raum kann zwar ohne darin lebende Menschen gedacht werden, in dem von uns betrachteten Kontext geht es um andere Fragen. Was passiert beispielsweise, wenn die Bevölkerung schrumpft? Prognosen besagen, dass die Zukunft uns leere Landschaften und leere Städte bescheren wird. Mit diesem Thema beschäftigen sich Wolfgang Kil (Berlin) für den ostdeutschen Raum und Wolfgang Schulze speziell für Kassel. Wir wollen daher beide Vorträge an einem Doppeltermin diskutieren.

Zum Ende des Jahres werden Lutz Katzschner (und seine Mitarbeiter von der Klima-Gruppe an der Uni Kassel) ihren Forschungsbericht für die EU abschließen. In diesem Projekt werden 16 Stadtplätze in 8 europäischen Städten im Hinblick auf die Behaglichkeit der Nutzung überprüft. Bisher hat sich die Gruppe mit Stadtplätzen in Kassel und entsprechenden Mapping-Methoden beschäftigt. Zum Ende des Jahres sollen auch europaweit gültige Konsequenzen für die Planung von Stadträumen gefunden werden. Dies dürfte für Planer von Interesse sein.

Die Behaglichkeit in Stadträumen hat natürlich auch Einfluss auf das Verhalten. Über den Zusammenhang von Raum und Verhalten haben wir erfahrene ForscherInnen für einen Vortrag gewinnen können: Zum einen Lenelis Kruse (Fern-Universität-Hagen), die sich im Rahmen der Umweltpsychologie schon seit längerem mit dem Thema beschäftigt und dazu zahlreiche Veröffentlichungen vorgelegt hat. Besonders sei hier auf ihre Publikation „Räumliche Umwelt“ hingewiesen. Gemeinsam mit Ingeborg Siggelkow wird Hartmut Salzwedel (beide Potsdam) über den Raum als verhaltensauslösende Kraft sprechen und dazu auch Videos zeigen. Hartmut Salzwedel hat sich u.a. mit Fragen zur Symbolik beschäftigt.

Die letzten Vorträge dieser „Spielzeit“ gehen mehr auf konkrete architektonische Beispiele und besondere Raumdispositionen ein, so z.B. das Konzept des inneren Außenraumes bei Le Corbusier, vorgetragen und mit Beispielen belegt von Richard Röhrbein (Berlin). Auch die aktuelle Planung für das aufgrund seiner stadträumlichen Lage wichtige Projekt des Cafe Rosenhang in Kassel erscheint uns interessant; sie wird Bertold Penkhues (Kassel) vorstellen. Schließlich wird Ingeborg Lübke ihre Untersuchungsergebnisse über die Wiederaufbauphase der 50er Jahre in Kassel vortragen.




Sylvia Stöbe, Michael Krauss
Kassel/Berlin den 23.07.03

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