18.06.2004
Protokoll zum 13. Gesprächsabend im Architektursalon am 18.6.2004
Berthold Penkhues
Neustrukturierung des Bereichs:
Cafe Rosenhang, Brüder-Grimm-Museum und Neue Galerie
Nach einer kurzen Einführung durch Sylvia Stöbe referiert Berthold
Penkhues über seine Planungen zum Café Rosenhang und zum Brüder-Grimm-Museum
(Erläuterungstexte für diese beiden Projekte siehe unter „Texte“).
Penkhues betont, dass die von ihm vorgestellten Planungen zum Brüder-Grimm-Museum
das Ergebnis eines nur drei Tage währenden Workshops seien, also im
Grunde nur Ideenskizzen darstellten. Bisher gebe es auch keine Aussicht für
eine Realisierung.
Ausgehend von einer städtebaulichen Einordnung und der Betonung einer
harten Hangkante zur Aue wurde ein neues Gebäude im Gartenbereich des
alten Palais Bellevue geplant, auf dessen Dach früher einmal auch eine
Sternwarte eingerichtet war. Das geplante neue Gebäude wird -
mit Bezug auf die Brüder Grimm - als „Bruder“ des alten Palais verstanden.
Durch den Neubau verkleinert sich der bestehende Gartenhof, der künftig
auch die Haupteingangsfunktion des Museums übernehmen soll. Da ein großes
Programm auf dem kleinen Grundstück unterzubringen war, entschied sich
Berthold Penkhues für den Abriss der alten Remise, die im 19. Jahrhundert
an das wertvolle alte Gebäude angebaut worden war. Hierdurch würde
ein neuer schmaler, aber intensiv genutzter Gartenbereich an der nord-östlichen
Seite des Grundstücks entstehen. In Zusammenarbeit mit einer Landschaftsplanerin
wurden für diesen neuen Hofbereich unterschiedliche Gestaltungsideen
und bildhafte Assoziationen gefunden. Im weitläufigen Untergeschoss,
das das ganze Grundstück ausfüllen soll, könnten die Märchenwelten
installiert werden.
Für den seit längerem geplanten Neubau des Cafe Rosenhang wurde
in einem Wettbewerb im Jahr 2001 der Beitrag von Berthold Penkhues ausgewählt;
auch hier ist eine Realisierung nicht sicher. Es wurden noch keine Ausführungszeichnungen
beauftragt; bisher liegt nur ein Bauantrag vor. Der Entwurf sieht auf der
oberen Ebene, dem Eingangsniveau von der Straße, eine sehr transparente
bzw. transluzente Bebauung vor. Alle Arbeits- und Versorgungsräume befinden
sich eine Etage tiefer. Für die Gäste steht ein vielfältiges
Angebot von Räumen und Terrassen auf drei Ebenen zur Verfügung.
Die Diskussion im Anschluss an den Vortrag von Berthold Penkhues beginnt
mit Kritik an dem Bebauungsvorschlag für das Brüder-Grimm-Museum,
sowohl im Hinblick auf die Lage und Größe des Neubauteils, aber
auch wegen des Abrisses der Remise vom alten Palais. Es wird nach der Haltung
des Denkmalschutzes zu dem Konzept und dem Wert des bisherigen Gartens gefragt.
Es wird auch darauf hingewiesen, dass vor kurzem als Diplomthema in Darmstadt
bei Manfred Hegger alternativ die Bebauung des Weinbergs für das Brüder-Grimm-Museum
untersucht worden sei; eine Ausstellung dieser Arbeiten in Kassel finde derzeit
statt.
Michael Eissenhauer, Direktor der Staatlichen Museen, stellt seinen Diskussionsbeitrag
unter den Vorbehalt, dass derzeit noch alles in Fluß sei und die Überlegungen
zur Neustrukturierung der Museumslandschaft in Kassel, auch hinsichtlich
der Neuen Galerie, erst am Anfang stünden. Es zeige sich soviel, dass
inselartige Einzellösungen eher weniger Qualität bieten; ein Gesamtkonzept
sei dringend erforderlich. Man wolle mit den Planungen für Wilhelmshöhe
keinesfalls eine Museumsausdünnung der Innenstadt bewirken, sondern
im Gegenteil eine Stärkung der Attraktivität der innenstädtischen
Objekte, wie z.B. des Landesmuseums und der Neuen Galerie, erreichen. Für
dieses Ziel der Erhöhung der Attraktivität müßten viele
Aspekte betrachtet werden. Eine gute Erreichbarkeit durch PKW, Anfahrt und
Standmöglichkeit für Busse, sei ebenso wichtig wie die durch den
ÖPNV, worauf auch eine anwesende Stadtführerin hinweist. Die einzelnen
Museen sollten stärker themenzentriert sein und jeweils besondere Geschichten
erzählen, d.h. thematisch konzentriert und entsprechend ausgestaltet
werden. Nur als Beispiel: So könnte ein Zusammenhang zwischen dem Museum
für Sepulkralkultur und der Geschichte der Gräber im Landesmuseum
hergestellt werden. Besondere Bedeutung komme auch dem Brüder-Grimm-Museum
zu, das ein großes Potential habe, aber an diesem Standort kaum Erweiterungsmöglichkeiten
finde. In jedem Fall sei wichtig, die städtebauliche Situation zwischen
diesen drei Objekten - Brüder-Grimm-Museum, Cafe Rosenhang und Neue
Galerie - als eine Gesamtaufgabe zu begreifen, den Zwischenbereich als Platz
auszugestalten, d.h. die Straßenbereiche und die Bereiche unter der
Straße zur Disposition zu stellen und in die Erweiterungsplanung mit
einzubeziehen - oder aber ggfs. auch andere neue Standorte zu diskutieren.
Zur Steigerung der Attraktivität der Neuen Galerie wäre auch eine
Umwidmung als documenta-Museum mit einer möglichen Erweiterung zum Auehang
hin denkbar.
Als eher utopisch wird ein Diskussionsbeitrag gewertet, die bekannte Idee
wieder aufzugreifen, den Steinweg tiefer zu legen und so auch einen Bezug
zur Friedrichstraße und zur City wiederherzustellen. Damit könnte
das Hölkesche Haus dann auch einen attraktiveren Vorgartenausschank
realisieren. Dem wird entgegengehalten , dass gerade in der zurückliegenden
Diskussion um die Regiotram eine Tieferlegung des Steinwegs als nicht realisierbar
eingeschätzt wurde.
Aus dem Teilnehmerkreis wird dann noch die in Ausführung befindliche
Erweiterung der angrenzenden Justizgebäude angesprochen. Dieses Grundstück
wäre Ideal für eine Museumserweiterung, ja für eine Museumsmeile
an der Schönen Aussicht gewesen. Durch die Justiznutzung wird dieser
Bereich, eine der schönsten und besten Adressen Europas, immer unbelebt
bleiben. Eine Chance sei hier leider nicht genutzt worden.
Visionär denken, aber dennoch das Machbare im Auge haben, sich heute
nicht zukünftige Chancen verbauen und Spielräume für spätere
Erweiterungen offen lassen – das wurde als Resümee des Abends festgehalten.
Für Kassel und für die Kultur in Kassel müsse dringend mehr
geschehen, besonders wenn Kassel Kulturhauptstadt werden wolle. Gelder, die
in Kultur investiert werden, ziehen mehrfache private Investitionen nach
sich. Die knappen Finanzmittel müssten an der richtigen Stelle eingesetzt
werden. Stadtreparatur, die Lösung von Verkehr- und Erschließungsproblemen
und ein neues Museumskonzept sollten als gemeinsames Aufgabenbündel
begriffen werden.
Der Abend endete gegen 22:00 Uhr wie immer bei einem Glas Wein.
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