07.11.2003
Protokoll zum 8. Gesprächsabend des Architektursalon am 7.11.2003
Martin Ludwig Hofmann: "Macht und Raum, eine Besichtigung moderner
Architektur mit Michel Foucault"
Zum Vortrag von Martin Ludwig Hofmann (Freiburg) über „Macht und Raum,
eine Besichtigung moderner Architektur mit Michel Foucault“ trafen sich rund
25 Personen im Architektursalon. Hinsichtlich der Inhalte des Vortrages verweisen
wir auf die Wiedergabe unter der Rubrik „Texte“, wo die Ausführungen
im Einzelnen nachgelesen werden können.
In der Diskussion wurde deutlich, dass für einen Teil der Zuhörer
der theoretische Teil des Referates, der sich direkt mit der Machtheorie
von Michel Foucault befasste, neu war, während andere auf eigene Kenntnis
der Schriften von Foucault zurückgreifen konnten. Die von Hofmann
als Prototypen ausgewählten Beispiele der klassischen modernen Architektur,
nämlich zum einen das vom Bauhaus in Weimar als Versuchshaus erstellte
„Haus am Horn“ aus dem Jahr 1923 und zum andern der städtebauliche Entwurf
von Le Corbusier zum "Plan Voisin" für Paris von 1922 provozierten jedoch
Widerspruch. So sprach Ingrid Lübke besonders den historischen Aspekt
an, der ihrer Auffassung nach in den Ausführungen zu kurz gekommen sei:
Die beiden Beispiele zeigten nicht die historische Vielfalt dessen, was unter
dem Thema „Moderne Architektur“ realisiert worden sei und was sich auch nicht
auf einen einfachen gemeinsamen Nenner ausrichten lasse. Hofmann erwiderte,
dass seine Betrachtungsweise bewußt nicht in historischer Breite angelegt
sei, sondern er vielmehr wie mit einem Brennglas auf typische Denksysteme
prominenter Planer der Moderne hinweisen wolle; dazu halte er die Beispiele
durchaus für geeignet. Ingrid Pee ging dann auf die Planungsgeschichte
von Kassel ein und stellte fest, daß ein unmittelbarer Zusammenhang
zwischen dem funktionalistischen Konzept des Wiederaufbaus der Stadt Kassel
nach 1945 und Vorläuferkonzepten aus der Zeit des Nationalsozialismus
nachweisbar sei. Dagegen wurde eingeworfen, dass der Nationalsozialismus
(wie übrigens auch der Stalinismus) hierzu eben gerade keine eigenen
inhaltlichen Konzepte entwickelt hätte, sondern sich in der Regel aus
dem Angebot bereits vorliegender Ideen bedient habe. Erwähnt werden
in diesem Zusammenhang auch die Arbeiten von Werner Durth, der sich – wie
bekannt - ausführlich mit der Kontinuität von Planungen und Planerbiographien
befasst hat, die den Zeitraum vor, während und nach dem Dritten Reich
umfassen. Ein weiterer Diskussionsbeitrag bezog sich auf die Disziplinierungsproblematik,
wie sie bei Foucault dargestellt wird und führte weiter zu einer Analogie,
die gesehen werden könnte zwischen der Fabrikarbeit im Zeichen des Taylorismus
einerseits und dem andererseits ebenfalls tayloristischen Modell der bekannten
Frankfurter Küche. Doch führe es, wie eingeworfen wurde, zu einem
verkürzten Verständnis des Disziplinierungsbegriffes, wenn nicht
zugleich auch die Steigerung der Produktivität gesehen werde, die damit
einhergehe. Für Foucault sei Macht nicht nur negativ, sondern prinzipiell
auch produktiv.
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