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„Übrigens sind diejenigen, die am alten Baumeisterideal festhalten, vermutlich dieselben, die diese langweilige Baukulturdebatte angezettelt haben.“(Gerd de Bruyn)


Im Diskurs zum Thema Baukultur war bisher viel davon die Rede, welche wichtige Aufgabe es sei, die allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz für eine „gute“ Planung zu verbessern. Da wird in Fachkreisen immer wieder gefordert, dass dem Bürger, insbesondere dem potentiellen Bauherrn und Nutzer, das, was Fachleute für qualitätsvoll halten, erklärt werden müsse. Was aber unter „guter Planung“ zu verstehen ist, bleibt meist undeutlich. Dies verwundert nicht angesichts der komplexen Materie: Im Grunde gibt es ja kaum einen Aspekt, der nicht betroffen wäre. Was auf den ersten Blick oft als eine rein ästhetische Frage begriffen wird, erweist sich bei näherer Betrachtung als ein Problem in den Beziehungen zwischen Architekten, Ingenieuren und dem Bürger, letztlich als Problem der Wirtschafts-, Wohnungs- und Baupolitik.

Oder anders gefragt: Müssten vielleicht auch Architekten/Innen ihr eigenes Selbstverständnis in Frage stellen? Wer ist Experte? Wer setzt die Maßstäbe und legt die Kriterien fest? Wer bestimmt, was Qualität ist? Was ist dabei das Interesse der Laien? „Vor allem ist es das Design, das Laien und Experten in gleicher Weise interessiert.“ (Gerd de Bruyn). Stimmt das? Oder gilt eher ein anderer Satz: "Design ist unsichtbar" (Lucius Burckhardt).

Mit dieser Vortragsreihe will der Architektursalon Kassel die Diskussion zwischen den Experten und den Laien ein Stück weiter bringen. Die Vorträge befassen sich mit Fragen der Ästhetik, dem beruflichen Selbstverständnis und der Planungspolitik. Sie beziehen sich aber auch auf konkrete Einzelfragen.

Die Reihe wird durch den Vortrag "Was ist Baukultur" von Gert Kähler (Hamburg) eröffnet, der 2001 den umfangreichen Statusbericht "Baukultur in Deutschland, Ausgangslage und Empfehlungen" bearbeitet hat. Zum Thema "Ästhetik und Funktion" wird am zweiten Termin Bazon Brock sprechen - bis vor kurzem Inhaber des Lehrstuhls für Ästhetik in Wuppertal; er hat Kassel durch seine Besucherschulen auf der documenta in lebendiger Erinnerung. Der dritte Termin wendet sich der besonderen Rolle der Architekten zu und ist der Frage gewidmet, welch "neues Selbstverständnis"  für Architekten vorstellbar sei; dazu wird sich Hanno Rauterberg, Kulturredakteur bei der "ZEIT", äußern. Detlev Ipsen, Stadt- und Regionalsoziologe an der Universität Kassel, wird am vierten Termin den Fokus noch einmal auf die Ästhetik richten, und zwar im besonderen Kontext der Stadt, mit der Frage: Was in ihr hässlich und was schön sei. Eine Besonderheit anderer Art stellt die - nicht nur in Berlin postulierte - Doktrin von der kritischen Rekonstruktion der Stadt dar, deren Aktualität Simone Hain (Berlin) im Rahmen des fünften Termins kritisch hinterfragen wird. Der sechste Termin wird einen Bericht über das Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Moderne am Beispiel der neueren Entwicklung der Stadt Potsdam bringen, vorgestellt von Richard Röhrbein, dort ehemals Stadtbaudirektor. Die Reihe endet mit dem siebten Termin, an dem Renate Fritz-Haendeler (Potsdam) einen Ausblick auf die spezifischen Aspekte des Politikfeldes Baukultur geben wird.


Sylvia Stöbe, Michael Krauss
Kassel/Berlin den 26.07.04

Nachtrag vom 6.1.2005:
Der Termin des Vortrags von Detlev Ipsen verschiebt sich vom 11.02.2005 auf den 8.Juli


Liste der Referent/inn/en:

Prof.Dr.-Ing. Gert Kähler

 Hamburg

Prof.Dr.h.c. Bazon Brock

 Wuppertal

Dr. Hanno Rauterberg

 Hamburg

Prof.Dr. Detlev Ipsen

 Kassel

Dr. Simone Hain

 Berlin

Dipl-Ing. Richard Röhrbein

 Berlin

Dr. Renate Fritz-Haendeler

 Potsdam


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