Einladung zum Vortrag von

BAZON BROCK

am 19.11.2004 um 18:30 Uhr
im ARCHITEKTURSALON KASSEL



Im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion über Baukultur wird auch und vor allem über die Bedeutung der Ästhetik verhandelt. Wenn von "guter Planung" die Rede ist, erscheint als Ziel nicht nur die Festlegung von Qualitätsstandards für Planungsinhalte und Verfahren; es geht letztlich auch um die Durchsetzung eines ästhetischen Anspruchs. Zur Architektur gehören zwar "natürlich" ebenso die Zweckerfüllung, die Sicherheit und Standfestigkeit von Bauwerken - aber wer würde bestreiten, dass an oberster Stelle in der Regel doch die Ästhetik rangiert, wenn von Architektur die Rede ist. Architekten verstehen sich als die eigentlichen Fachleute für Ästhetik der gebauten Umwelt. Die Entscheidungskompetenz in baulichen Gestaltungsfragen betrachten sie als das ureigene Gebiet ihres Metiers.

Kürzlich empfahl Gerd de Bruyn den Architekten, sich ganz auf ihre Designqualitäten zurückziehen, da vor allem diese heute am Markt nachgefragt würden. Dies leuchtet umso mehr ein, als immer wieder kritisch angemerkt wird, Architekten seien weder in der Lage die geschätzten Baukosten noch die geplanten Termine einzuhalten. Wie auch das Architektenblatt berichtete, werden diese Aufgaben der Kosten- und Terminplanung immer öfter an Spezialisten abgegeben. Was bleibt dem Architekten dann noch außer dem Design? Wird das Design jetzt zum Ort des Rückzugs für ehemalige Generalisten? Jedenfalls wird deutlich, dass die vorgeschlagene Spezialisierung und Beschränkung auf das Design als eine Anpassung an den Markt verstanden werden soll.

Als „Fachmann“ für Fragen der Ästhetik haben wir zu diesem Thema Bazon Brock (emeritierter Professor für Ästhetik an der Universität Wuppertal) eingeladen. Als Ankündigungstext zu seinem Vortrag im Architektursalon Kassel am 19.11.04 gab er uns folgende Sätze:
 
Über das Schöne als Funktion
 „Seit dem ersten `Funktionalistischen Manifest´ "form follows function" wurde die ästhetische Qualität als Funktion der Architektur gesehen. Warum weigert man sich bis heute gegen diese grundlegende Einsicht?“(Bazon Brock)

Bazon Brock greift mit diesen Sätzen eine aus den Anfängen der modernen Architektur stammende Forderung Sullivans auf. Der Begriff „form follows function“ verband die Aufgabenbereiche „Funktion“ und „Ästhetik“. In der frühen Moderne wurde diese Forderung als eine Verantwortung des „Designs“ (Ästhetik) gegenüber der Nutzung (Funktion) verstanden. Architektur hatte der Form und der Funktion zu genügen. Damit wurde der Funktionsbegriff auch auf die Erfüllung der psychologischen Bedürfnisse des Menschen erweitert und sollte die Ästhetik mit einschließen: Die bauliche Form sollte nicht nur funktionieren, sondern zugleich auch sinnlich stimulieren. Dieser Anspruch wurde aber in der Vergangenheit oft nicht eingelöst. Heute dagegen schlägt das Pendel manchmal stark in die entgegengesetzte Richtung aus: Design vor den Notwendigkeiten der Nutzung. Am 19.11.04 werden wir hören, was Bazon Brock uns zum Verhältnis von Ästhetik und Funktion zu sagen hat.


Zur Vita von Bazon Brock:

Geboren 1936 in Stolp/ Pommern, heute Polen;
Flucht und Internierung in Dänemark
Ansiedlung in Schleswig-Holstein 1947;
Ausbildung und Tätigkeit als Dramaturg 1957-1961;
Studium (mit Unterbrechung) der Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaften in Zürich, Hamburg, Frankfurt/M. 1957-1964;
erste Aktionslehrstücke und Publikationen ab 1957;
Besucherschulen auf der documenta in Kassel ab 1968;
Lehrtätigkeit im Fach Ästhetik zunächst als Dozent, dann als o. Professor von 1965 bis 1976 an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg;
1975-1977 Seminare an der GH-Kassel und Vorträge im Kunstverein Kassel;
Bekanntschaft und Zusammenarbeit  mit Lucius und Annemarie Burckhardt;
1977 bis 1980 an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien;
seit 1980 an der Bergischen Universität Wuppertal;
Ehrenpromotion zum Doktor der technischen Wissenschaften an der Eidgenössisch-Technischen Hochschule (ETH) Zürich 1992.




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